In gewohnt grossspuriger US-Manier hebt die Firma ROCKETBOOK ihr Everlast Executive Notizheft mit Aussagen wie „The endlessly reusable intelligent notebook“ in den Olymp der Produktinnovationen. Ob das Produkt den dadurch geweckten Erwartungen auch gerecht werden kann, habe ich mir in den letzten Tag genauer angeschaut.
Design & Verarbeitung.
Es ist offensichtlich, dass ROCKETBOOK seine Kunden mit ihrem Produkt nicht nur technisch sondern auch optisch überzeugen will. Umfasst von einem flexiblen Hardcover aus glänzendem, schwarzen Kunststoff erscheint das Everlast Executive Notizheft in dezenter, moderner Eleganz. Auf der Vorderseite sind das schlichte Produkt- und das prägnante Markenlogo in giftigem Grün abgebildet. Ansonsten ist das Cover leer und bietet viel Platz für individuelle Gestaltung mit Sticker usw., sollte einem der Sinn danach stehen. Gebunden ist das Notizheft durch eine dicke, flexible Kunststoffspirale, welche einen sehr stabilen und robusten Eindruck macht. Im Innern stehen dem Benutzer insgesamt 36 Seiten zur Verfügung, die ebenfalls aus Kunststoff gefertigt wurden. Die Seiten des ROCKETBOOK Notizhefts sind im nordamerikanischen Invoice-Format (140 x 216 mm) gehalten, was ungefähr dem A5-Format entspricht. Insgesamt wiegt das Haft nur 210g und ist somit ein echtes Leichtgewicht.

Im Lieferumfang mit inbegriffen sind ein dickes, graues Stofftuch zum Abwischen der Seiten und ein FriXion Stift von Pilot Pen. Das Tuch erscheint auch im ROCKETBOOK Design und vermittelt ebenfalls einen hochwertigen Eindruck. Der FriXion Clicker Stift hingegen passt nicht wirklich zum sonst eleganten Erscheinungsbild des Produkts. Zumindest äusserlich würde er meiner Meinung nach eher in ein Etui eines Primarschülers passen als an die Seite eines so durchgestylten Notizheftes. Ich wünschte mir ROCKETBOOK würde hier in Kooperation mit Pilot Pen ein passenderes Design für die Stifte entwickeln.
Der äusserliche Gesamteindruck ist für mich aber trotzdem überzeugend – mit diesem Notizheft laufe ich gerne herum und würde es an jede Art von Meeting mitnehmen. Was ich bezweifle ist, dass das Material dermassen robust ist, sodass das ROCKETBOOK Everlast tatsächlich unendlich lange hält und mit der Zeit nicht unter Abnutzungserscheinungen leiden würde. Doch erste Gebrauchstests sprechen zumindest für eine lange wenn auch nicht zwingend unendliche Lebensdauer des Produkts. Passend fände ich, wenn im Lieferumfang noch ein passender Stoffbeutel oder etwas Ähnliches enthalten wäre, womit der Nutzer das Notizheft beim Transport zusätzlich schützen könnte.
Handling.
ROCKETBOOK verspricht dem Nutzer bei der Nutzung des Everlast Notizheft ein klassisches Stift- und Papiererlebnis gepaart mit der Möglichkeit zur einfachen, digitalen Verwaltung der Notizen – attraktive Versprechen für alle die, die nicht gerne mit klassischen Touchscreen Pens auf Tablets schreiben und die gleichzeitig das Ordnen von Papier lieber ihrem Sekretär überlassen würden, den sie nicht haben.
Notieren & Skizzieren.
Die ersten Schreibversuche mit dem FriXion Pen auf den Kunststoffseiten des Everlast Notizhefts zeigen es sofort: Das Versprechen eines klassisches Stift- und Papiererlebnisses kann nicht vollkommen eingehalten werden. Aber es kommt diesem sehr nahe und fühlt sich wesentlich natürlicher an, als das Schreiben mit einem Touchscreen Pen auf einem Tablet. Ich persönlich hatte mich schon nach einem Tag daran gewöhnt, dass die Seiten etwas rutschiger sind als normales Papier. Darum fällt diese Abweichung von Herstellversprechen für mich nicht weiter ins Gewicht.
Was beim Schreiben negativ auffällt ist, dass die Tinte einige Sekunden braucht, um zu trocknen. Dadurch besteht die Gefahr, dass der Nutzer das Notierte verschmiert, wenn er zu früh mit der Hand oder einem FriXion Leuchtstift darüber fährt – ein Problem, dass sich insbesondere allen Linkshänder stellt. Doch alle, die sich noch an das Schreiben mit Füllfederhaltern erinnern, werden wissen, wie man mit diesem Umstand umgehen muss ohne ständig verschmierte Seiten vor sich zu haben.
Eine äusserst praktische Schreibhilfe ist das Dot-Grid-Muster, welches jede Seite des ROCKETBOOK Everlast ziert. Dieses Muster hilft dem Nutzer seine Notizen und Skizzen horizontal und vertikal auszurichten und sorgt so für saubere Notizen, die man gerne mit anderen teilt.
Doch das erstaunlichste an diesem Notizheft ist definitiv das einfache Löschen der Notizen und Skizzen. Für punktuelle Korrekturen steht einem der Radiergummi am FriXion Pen selbst zur Verfügung. Damit kann die Tinte ausradiert werden, als hätte man mit Bleistift geschrieben. Für das grossflächige Löschen der Notizen ist das mitgelieferte Stofftuch gedacht. Der Nutzer braucht lediglich eine Ecke des Tuches mit etwas Wasser zu befeuchten, damit ein erstes Mal über die Seite zu wischen und dann mit einem anderen Teil des Tuches nachzutrocken – schon hat man wieder eine einsatzbereite, leere Notizseite.
Scannen & Verschicken.
Das Verwalten der Notizen, die der Nutzer behalten möchte, funktioniert über die kostenlose ROCKETBOOK App – eine App, die mich vollends überzeugt, denn sowohl das Einrichten, als auch die Nutzung sind super simpel.
Nach der Registrierung muss der Nutzer nur noch die gewünschten Ablageorte hinterlegen, um mit dem Scannen und Verschicken starten zu können. Insgesamt können sieben Zielorte definiert werden, wobei einem eine Vielzahl von Schnittstellen zur Verfügung steht:

- Google Drive
- Evernote
- Dropbox
- OneNote
- OneDrive
- Slack
- Box
- iCloud
- SMS
Die sieben Platzhalter sind alle mit einem individuellen Symbol versehen, welche man auf der Rückseite des Einbandes und in der Fusszeile aller Seite des Notizheftes wieder findet. Ersteres dient dem Nutzer als Übersicht, bei der er neben jedem Symbol die jeweilige Versanddestination notieren kann. Zweiteres vereinfacht das Verschicken der Notizen, denn durch das Ankreuzen des entsprechenden Symbols weiss die App beim Scannen automatisch, wohin die Notiz dann übermittelt werden soll.
Nach der Hinterlegung der Versanddestination, kann der Nutzer mit dem Scannen seiner Notizen beginnen, was echt Laune macht. Kaum wird der Scan-Modus in der App aktiviert und das zu scannende Notizblatt ansatzweise in den Fokus der Kamera gerückt, beginnen auf dem Bildschirm vier gelbe Punkte die Seiten nach den Ecken abzutasten. Durch den schwarzen Rand, welcher jede Seite umrahmt, werden die vier Ecken innert kürzester Zeit erkannt und ohne weiteres Zutun des Nutzers gescannt. Dabei muss die Seite nicht einmal sauber im Kamerafokus zentrieren werden. Es reicht dass alle vier Ecken im Bild erfassbar sind. Die App besorgt dann den Rest und liefert einen sauberen, geraden Scan. Dabei wird auch das Dot-Grid-Muster und der QR-Code, welcher der App die Seitenzahl vermittelt, weggelassen und die Helligkeit sowie der Kontrast werden automatisch korrigiert. Ich persönlich habe bis jetzt ausschliesslich zufriedenstellende Scans erhalten. Andere Tester sprechen aber von Problemen bei schlechten Lichtverhältnissen, was ich nicht bestätigen kann. In den Einstellungen kann der Nutzer ausserdem die Farbkorrekturen beim Scannen beeinflussen, wobei die Optionen stark beschränkt sind. Ebenfalls in den Einstellungen kann der Nutzer die automatische Benennung der Scans variieren und die Handschriftenerkennung zur Transkription von E-Mails aktivieren – welche beeindruckend gut funktioniert.
Nachdem der Nutzer alle Seiten, die er verschicken will, eingescannt hat, kann er sich noch die Vorschau auf dem Handy anschauen und die Scans dann verschicken. Wenn er die entsprechenden Symbole auf den Seiten angekreuzt hat, macht die App den Rest automatisch. Sollte der Nutzer das vergessen haben, kann er die Destination problemlos auch noch nachträglich auswählen. Die Notizen können als PDF oder als JPEG verschickt werden, was bei der Hinterlegung der Versanddestinationen pro Destination einzeln festgelegt werden kann.
Die Frage, welche sich an diesem Punkt stellt, ist die der Datensicherheit. Wo werden meine Notizen auf dem Weg zur eigentlichen Zieldestination überall zwischengespeichert? Gemäss Aussage von Jackie LeBlanc, Customer Success Manager bei ROCKETBOOK, speichert die Firma keine Notizen auf ihren Servern. Die Notizen sind entweder auf dem Handy, welches für die Scans verwendet wird oder aber auf dem Cloud-Server gespeichert, der als Versanddestination angegeben wird. Die einzige Ausnahme sei, wenn die Notizen an einen E-Mail Server versendet werden. In diesem Fall passieren die Bilddateien einen Cloud-Service namens ‚Mandrill‘, der die E-Mail zusammenstellt. Doch selbst dort würden keine Notizen gespeichert – sie seien dort lediglich auf der Durchreise. Diese Aussagen entsprechen dem, was der Nutzer in der App unter „Privacy Policy“ nachlesen kann und somit sollte der Datenschutz also kein Problem sein.
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